ABC des Glases – Technik, Begriffe, Wissen
Blas-Blas-Verfahren
Eine im Jahr 1925 erfundene Technik zur Herstellung von Hohlglas, die bis in die Gegenwart angewendet wird. Beim Blas-Blas-Verfahren formt die Speisermaschine aus der Glasmasse einen länglichen Glastropfen, der über eine Rinne in die Vorform geleitet. Dort wird er durch Druckluft zum Külbel vorgeblasen, die Mündung gefertigt und anschliessend in der Fertigform vollendet.
Behälterglas
Unter diesem Begriff fasst man alle Hohlglaswaren zusammen, die zur Verpackung, Aufbewahrung, Konservierung und zum Transport von Getränken und anderen Flüssigkeiten, Lebensmitteln, chemischen, pharmazeutischen und kosmetischen Stoffen dienen.
Cradle-to-Cradle
Man versteht darunter das «Von der Wiege bis zur Wiege»-Konzept einer abfallfreien Wirtschaft, bei der alle Stoffe dauerhaft Teil von natürlichen Kreisläufen oder geschlossenen technischen Kreisläufen sind. Mögliche Materialien für diese Kreisläufe sind neben Glas kompostierbare Textilien, vollständig wiederverwertbare Rohstoffe, reine Kunststoffe oder Metalle, die unendlich oft für denselben Zweck verwendet werden können.
CO2-Fussabdruck
Der CO2-Fussabdruck ist eine ökologische Kennzahl, die Auskunft über die gesamten CO2-Emissionen eines Produkts gibt. Die Kennzahl wird mit einem Ökobilanz-Modell berechnet, das den gesamten Lebenszyklus einer Verpackung von den Rohstoffen bis zum Recycling abbildet. Faktoren der Berechnung in der Glasherstellung sind: Gewicht des Glasbehälters, Altglasanteil in der Produktion, Transportdistanz zum abfüllenden Betrieb, Transport per LKW oder Bahn und die nationale Recyclingquote.
Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit
Das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit nimmt die ökonomische, ökologische und die soziale Verantwortung eines Unternehmens oder eines Staats als gleichrangig wahr.
Eigenform
Im Unterschied zur Standardform, die von allen Abfüllern verwendet werden kann, werden Eigenformen ausschliesslich für einen Kunden eigens entwickelt. Form, Design und Veredelung entstehen als Bestandteil eines individuellen Marketingkonzepts.
Energieeffizienz
Für die Glasherstellung sind sehr hohe Temperaturen nötig, die in der Regel mit dem Energieträger Gas erzeugt werden. In der Schmelzwanne wird eine Mischung aus Altglas und Primärrohstoffen auf ca. 1600 Grad Celsius erhitzt. Gerade weil der Energiebedarf bei der Produktion hoch ist, stehen Glashersteller in besonderer Verantwortung. Technologische Innovationen und unternehmerische Entscheidungen im Sinne des nachhaltigen Denkens führen zu verbesserten Energieeffizienzmassnahmen.
Ein Ansatz ist die Erhöhung des Altglasanteils. Der Zusammenhang von Altglasanteil und Energieeinsparung ist dabei linear: Pro 10 Prozent Altglas werden 3 Prozent Energie und 7 Prozent CO2-Emissionen eingespart.
Enghals-Press-Blas-Verfahren
Diese Produktionsform ist eine Variante des Press-Blas-Verfahrens. Noch in der Vorform wird ein Stempel in die flüssige Glasmasse gepresst, was dem Behälter eine gleichmässige und gleichzeitig dünnere Wandstärke verleiht. Der technologische Wechsel vom traditionellen Verfahren zum Enghals-Press-Blas-Verfahren hat die Produktion von dünnwandigen Glasbehältern – also Leichtglas – ermöglicht. Ein weiterer Vorteil des Verfahrens: Das Külbel kühlt sich beim Pressen stärker ab, dadurch ergeben sich höhere Produktionszahlen.
Färben
Seine Farbe bekommt Glas entweder in der Schmelzwanne oder in einem späteren Herstellungsschritt im Vorherd, dem Feeder. Man wendet verschiedene Färbeverfahren an, um flexibler auf Kundenwünsche eingehen und ein breites Farbspektrum anbieten zu können. Beim traditionellen Verfahren der Wannenfärbung werden die farbgebenden Komponenten in die geschmolzene Glasmasse gemischt, die aus Quarzsand, Soda, Kalk, Dolomit sowie Recyclingglas besteht. Je nach Farbe kann der Altglasanteil bis zu 90 Prozent betragen. Bei kleineren Produktionsmengen und Spezialfarben mengen die Glashersteller das Farbkonzentrat im Feeder der Masse bei.
Finite-Elemente-Methode
Entscheidend für die hohe Stabilität von »Leichtglas ist die Konzeptphase, die vor der eigentlichen Produktion liegt. Die Glasdesigner zerlegen den Glaskörper mit Hilfe einer speziellen Software in kleine Teilkörper, deren Strukturverhalten sich leichter beschreiben lässt als das des gesamten Körpers. Sie identifizieren am Bildschirm jene Stellen eines Behältnisses, die besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Oft sind nur geringfügige Anpassungen der Behältergeometrie nötig, um diese Belastungen auszuschalten. Leichtglas lässt sich mithilfe dieser Methode ohne Qualitätsabstriche problemlos herstellen, abfüllen und lagern.
Formen
Aus den Wannen fliesst die Glasschmelze kontinuierlich nach. Glühende Glastropfen werden abgeschnitten, in eine Rinne geleitet und in die Vorform geführt. In der Fertigform gibt Druckluft dem Glasbehälter seine endgültige Form. Die Formung von Glas kann in der Behälterglasproduktion durch Pressen und Blasen erfolgen. Glasmacherpfeife
Glas
Glas besteht aus natürlichen Elementen. Der Hauptanteil ist Quarzsand (70 Prozent). Soda (14 Prozent) vermindert den Schmelzpunkt des Quarzsands, Kalk und Dolomit (14 Prozent) geben dem Glas Härte, Glanz und Haltbarkeit. Dazu kommen noch Läutermittel (2 Prozent).
Glas ist ein natürlicher und neutraler Rohstoff mit herausragenden Eigenschaften für die Aufbewahrung von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln und Getränken. Glas geht keine Verbindung mit dem Inhalt ein, lässt keinerlei Migration zu und schützt das Füllgut wie ein Tresor. Die US-Lebensmittelaufsicht FDA stuft Glas als einziges Verpackungsmaterial als «grundsätzlich sicher» (Generally Recognized As Safe – GRAS) ein.
Glasmacherpfeife
Die Erfindung dieses Geräts bedeutete eine Revolution in der Handwerkskunst der Glasherstellung. Sie besteht aus einem 1,20 bis 1,60 Meter langen Rohr mit einem Mundstück an einem Ende. Mit dem anderen nimmt der Glasbläser geschmolzenes Glas auf, dreht, wälzt und marbelt die abkühlende Masse herum und bläst Luft hinein. Seit dieser Erfindung im 1. Jahrhundert v. Chr. in Syrien konnten die Glasmacher auch dünnwandige Gläser herstellen und in die verschiedensten Formen blasen.
Inert, chemische Eigenschaft
Man bezeichnet Substanzen als chemisch inert (lateinisch für «träge», «unbeteiligt»), die mit potenziellen Reaktionspartnern nicht oder nur in verschwindend geringem Masse reagieren. Glas ist inert: Nichts gelangt aus dem Glas ins Produkt, nichts dringt von aussen durchs Glas hinein, nichts entweicht nach aussen. Die Glasverpackung reagiert nicht mit den Inhaltsstoffen, sie ist gasdicht und geschmacksneutral.
Kaltes Ende / Heisses Ende
Diese Begriffe bezeichnen den Beginn und das Ende der Glasherstellung im Glaswerk. Am Heissen Ende – also dem Start – befeuern Gasbrenner das Gemenge aus Quarzsand, Soda, Kalk und Altglasscherben in den Schmelzwannen. Nach der Formung werden die Flaschen heruntergekühlt, bis sie am Kalten Ende die verschiedenen Stufen der »Qualitätsprüfung durchlaufen.
Kühlen
Im Kühlofen werden die noch rot glühenden Konservengläser und Flaschen ganz allmählich abgekühlt. Dieser verzögerte Abkühlungsprozess ist nötig, um Materialspannungen im Glas zu lösen. Die Oberfläche wird anschliessend so behandelt, dass sie vor Kratzern geschützt ist.
Leichtglas
Leichtglasflaschen zeichnen sich durch gleichmässig dünnere Wandstärken aus. Die Leichtglastechnologie garantiert Glasbehälter mit deutlich reduziertem Gewicht, die aber ebenso stabil und fest sind wie ihre schwereren Vorgänger. Glasverpackungen sind heute rund 40 Prozent leichter als noch vor 20 Jahren. Auch die ökologischen Vorteile von traditionell hergestelltem Glas bleiben erhalten. Leichtglas spart Rohstoffe, Gewicht und Transportkosten.
Mehrweg
Mehrweg-Glasverpackungen sind durch mehrfache Wiederbefüllung und Waschen stärkeren Belastungen ausgesetzt. Deshalb werden sie mit dickeren Wandstärken und höherem Gewicht produziert. Glas ist ideal für alle Abfüllarten und den Mehrwegkreislauf. Es verträgt sehr hohe Temperaturen, ist bis etwa 500° Celsius formstabil und eignet sich daher für alle üblichen Abfüllverfahren, wie Kalt- und Heissabfüllung, Pasteurisierung, Sterilabfüllung oder aseptische Abfüllung. Eine Mehrweg-Flasche kann bis zu 60 Umläufen standhalten.
Multi-Gob-Produktion
Eine spezifische Produktionsform, die grössere Flexibilität auch bei kleinen Losgrössen ermöglicht. An einer Multi-Gob-Glasblasmaschine können gleichzeitig zwei, in Einzelfällen auch mehr, Glasbehälter gefertigt werden, die sich in Form und Gewicht unterscheiden. Eine spezielle Sortiermaschine leitet die verschiedenen Glasprodukte automatisch zur produktspezifischen »Qualitätsprüfung und Verpackung weiter.
Natürliches Glas
Der Rohstoff Glas kommt auch in der Natur vor. Glas bildet sich, wenn durch grosse Hitze – wie sie Blitzeinschläge, Vulkanausbrüche oder Meteoriteneinschläge verursachen können – Quarzsand schmilzt und die geschmolzene Masse abkühlt. Auf diese Weise entstehen die glasigen Gesteine Fulgurit, Obsidian und Tektit.
Ökologische Nachhaltigkeit
Ökologische Nachhaltigkeit beschreibt eine politische und gesellschaftliche Zieldimension, die Artenvielfalt zu erhalten und den Klimaschutz zu fördern, damit Natur und Umwelt für die nachfolgenden Generationen erhalten bleiben. Sie ist eine der drei Säulen der Nachhaltigkeit.
Press-Blas-Verfahren
Eines der gebräuchlichsten Verfahren der industriellen Hohlglasproduktion. Beim Press-Blas-Verfahren gelangt der Glastropfen von oben in die Form, in die von unten der Pressstempel eingebracht wird. Ist der Tropfen in die Vorform gefallen, wird die Form von oben mit dem Vorformboden geschlossen. Der Pressstempel bewegt sich jetzt nach oben und formt so das Külbel und die Mündung. Sobald der Pressstempel wieder aus dem Külbel herausgezogen ist, wird das Külbel an die Fertigform übergeben. Im Gegensatz zum Blas-Blas-Verfahren wird beim Press-Blasen die Mündung zuletzt ausgeformt.
Qualitätsprüfung
Bevor die Glasverpackungen sortiert, verpackt und ausgeliefert werden, durchlaufen sie strenge, zertifizierte Prüfverfahren, damit die gleichmässig hohe Qualität der Produkte gesichert ist. Messend geprüft werden Gewicht, Inhalt und Dimensionen. Innendruck, Pendelschlag und Thermoschock zählen zu den zerstörenden Prüfverfahren, zu denen noch Inline-Prüfungen mit Inspektionsmaschinen (Wandstärkenprüfung, Risseprüfung, Einschlussprüfung usw.) kommen.
Recycling
Das englische Lehnwort Recycling leitet sich aus dem Griechischen kýklos (Kreis) und der lateinischen Vorsilbe re- (zurück, wieder) ab. Beim Recycling (Wiederverwertung, Wiederaufbereitung) werden Abfallprodukte wiederverwertet beziehungsweise deren Ausgangsmaterialien werden zu Sekundärrohstoffen aufbereitet. Das Ziel einer zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft ist es, die Rohstoffe über den Lebenszyklus des einzelnen Produkts hinaus wieder vollständig in die Produktion einzubinden.
Glas bewegt sich in einem zu 100 Prozent geschlossenen Stoffkreislauf. Es kann ohne Qualitätsverlust unendlich oft zu neuen Flaschen und Konservengläsern geformt werden. Für die Herstellung von Weiss- und Braunglas können bis zu 60 Prozent, für neues Grünglas theoretisch sogar bis zu 100 Prozent Altglas verwendet werden. Entscheidend ist die Qualität des Sammelguts und seine Aufbereitung.
Saug-Blas-Verfahren
Die erste vollautomatische Flaschenblasmaschine erfand 1903 der amerikanische Ingenieur Michael J. Owens. Sie arbeitete im Saug-Blas-Verfahren, das heisst die Glasmasse wird in die Metallform eingesogen und automatisch abgeschnitten. Heute ist dieses Verfahren durch das Press-Blasen bzw. das Enghals-Press-Blas-Verfahren abgelöst.
Schmelzen
Am Heissen Ende der Glasproduktion steht das Einschmelzen des Gemenges. In der Schmelzwanne wird die Mischung aus Altglas und Primärrohstoffen auf ca. 1600 Grad Celsius erhitzt.
Soziale Nachhaltigkeit
Eine der drei Säulen der Nachhaltigkeit ist die soziale Verantwortung. Die tragenden Fundamente der sozialen Nachhaltigkeit sind gelebte Corporate Governance, ein verbindlicher Verhaltenskodex, umfassender Gesundheits- und Arbeitsschutz, ein partizipativer Führungsstil sowie die Erfüllung der sozialen Ansprüche der Mitarbeitenden.
Umweltbilanz
Es ist ökonomisch wie ökologisch die richtige Entscheidung, die Umweltbilanz in der Glasherstellung beständig zu verbessern. Die Wiederverwendung von Altglas hat die Umweltbilanz der Glasproduktion innerhalb weniger Jahrzehnte enorm verbessert: In den letzten 25 Jahren senkte die europäische Verpackungsglas-Industrie mit Recycling und technologischen Innovationen die CO2-Emissionen und Abfallbelastung um 70 Prozent.
Veredelung
Glasverpackungen erhalten durch verschiedene Formen der Veredelung ihr unverwechselbares Gesicht und unterstützen die Marketingstrategien. Reliefs Etikettierung, Lackierung, Siebdruck oder Sleeves veredeln das Produkt zu einer Premium-Verpackung.
Schmelzofen
Im Jahr 1867 stellt Friedrich Siemens, ein Gastechniker in Dresden, eine technische Neuerung vor, die die Industrialisierung der Glasproduktion beschleunigt: den kontinuierlichen Wannenofen. Diese Wannen bestehen auch heute noch aus der Schmelz- und der Arbeitswanne und werden ohne Unterbrechung Tag und Nacht betrieben. Ein Meilenstein für die maschinelle Produktion von Glasverpackungen.